Dritter Warnstreik beim Kabelwerk Meißen

„Wir wollen endlich einen fairen Tarifvertrag!“

30.11.2020 | Mit ihrem dritten Warnstreik innerhalb von drei Wochen untermauerten die Kolleginnen und Kollegen vom Kabelwerk Meißen ein weiteres Mal entschlossen und eindrucksvoll ihr berechtigtes Ziel: Sie wollen endlich einen Tarifvertrag mit gerechter Bezahlung und fairen Arbeitsbedingungen! Der Arbeitgeber hatte im Vorfeld versucht, Kolleginnen und Kollegen mit der Ankündigung der Bezahlung einer „Prämie“ vom Warnstreik abzuhalten.

Auch beim dritten Warnstreik beim Kabelwerk Meißen war nahezu die gesamte Belegschaft dabei. - Fotos: Volker Wartmann

Lautstarke Grüße in die Chefetage.

Die Forderungen der Kolleginnen und Kollegen sind unmissverständlich.

Susann Rüthrich (SPD), Mitglied des Bundestages für den Landkreis Meißen, forderte den Arbeitergeber auf, sich mit der Gewerkschaft an den Verhandlungstisch zu setzen.

Wie alle anderen auch - vorbildlich mit Mund-Nase-Bedeckung: das Team der IG Metall-Geschäftsstelle Dresden-Riesa.

Trommeln für den Tarifvertrag.

Wie die Kolleginnen und Kollegen fordert auch MdB Susann Rüthrich: "Anständige Löhne für anständige Arbeit."

Der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Kersten Tittel im Gespräch mit Susann Rüthrich.

Streiken bei Temperaturen nur knapp über Null? Kein Problem!

Kampfbereit: Die Kolleginnen und Kollegen vom Kabelwerk Meißen.

Klare Forderung: ein Tarifvertrag mit Zukunftsperspektive.

So oder ähnlich könnte es am kommenden Montag vor dem Kabelwerk Meißen wieder aussehen, wenn der Arbeitgeber nicht in Verhandlungen einwilligt ...

„Dass die Geschäftsführung versucht, die Kolleginnen und Kollegen mit 75 Euro brutto vom Warnstreik abzuhalten, zeigt, wie wenig Interesse sie an einer einvernehmlichen Lösung hat und vor allem, wie wenig der Arbeitgeber seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wertschätzt“, sagt Stefan Ehly, Zweiter Bevollmächtigter der IG Metall Dresden-Riesa. „Zu glauben, dass man elf Jahre Lohnrückstand mit dem Gegenwert einer Tankfüllung wettmachen kann, zeugt von absoluter Ignoranz. Für viele Kolleginnen und Kollegen ist das eher eine Provokation als ein ernstzunehmendes Angebot, wie man angesichts der starken Präsenz hier sieht.“

Tatsächlich war nahezu die gesamte Belegschaft zum Warnstreik zwischen 10.00 Uhr und 12.00 Uhr vor dem Werkstor – entschlossen, kampfbereit, lautstark, fröhlich, Fahnen schwenkend und Trillerpfeifen nutzend.

„Wir wollen jetzt endlich einen Tarifvertrag, der uns eine Zukunftsperspektive gibt“, sagt der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Kersten Tittel. “Wir haben satt, dass mit Kolleginnen und Kollegen Einzelverträge abgeschlossen werden und nach Gutdünken sogenannte Nasenpunkte vergeben werden.“ Die Kolleginnen und Kollegen hätten in den vergangenen Jahren immer auf Lohnerhöhungen verzichtet, weil es hieß, dem Unternehmen gehe es so schlecht, so Tittel. „Wir haben seit elf Jahren keine Lohnerhöhung mehr bekommen, das bedeutet einen Reallohnverlust von etwa 30 Prozent. Seit mehr als zwei Jahren hat das Unternehmen jedoch bombastische Auftragseingänge und macht fette Gewinne“, sagt Tittel, der auch Mitglied des Wirtschaftsausschusses und der Tarifkommission ist. „Die Kolleginnen und Kollegen haben das Gelaber der Geschäftsführung satt und kämpfen deshalb jetzt für einen gerechten Tarifvertrag, der verhindert, dass sie später von Altersarmut gefährdet sind.“ Viele Kolleginnen und Kollegen identifizieren sich sehr mit dem Unternehmen und haben an ihrer Arbeit eigentlich Spaß, so Tittel. „Wir wollen jetzt einfach mal ordentlich entlohnt werden. Und wir sind kampfbereit: Wir haben in den vergangenen drei Wochen bereits drei Warnstreiks gemacht. Wenn sich der Arbeitgeber nicht rührt, machen wir vor Weihnachten noch drei weitere.“

Unterstützung von politischer Seite erhielten die streikenden Kolleginnen und Kollegen an diesem Tag von Susann Rüthrich, Die Sozialdemokratin ist Mitglied des Deutschen Bundestages für den Landkreis Meißen. Sie versicherte den Streikenden ihre Solidarität und appellierte an die „Anständigkeit“ der Geschäftsleitung. „Die Leute hier machen anständige Arbeit, also sollen sie auch anständige Löhne bekommen“, sagte Rüthrich. „Ich erwarte von dem Chef, dass er so anständig ist, sich mit den Leuten an einen Tisch zu setzen und mit ihnen zu reden.“ Sie habe keine „Lust mehr, mich von der ganzen Republik fragen lassen zu müssen, was in Sachsen los ist“ so Rüthrich. „Wir sind hier in Sachsen noch immer 700 bis 800 Euro entfernt von den Löhnen in vergleichbaren Betrieben in Westdeutschland. Es gibt für die Leute gute Gründe, wütend zu sein. Zur Stabilität gehört auch, dass die Leute anständige Löhne bekommen.“

Nach dem zweistündigen Warnstreik nahm die gesamte Belegschaft noch an einer Betriebsversammlung teil, die mehr als drei Stunden dauerte. Steven Kempe, Politischer Sekretär der IG Metall Dresden-Riesa, fasst das Ergebnis zusammen: „Der Geschäftsführer hat gekocht vor Wut, aber weigert sich weiterhin, sich mit der IG Metall an einen Tisch zu setzen und mit ihr Gespräche aufzunehmen und zu verhandeln. Dabei weiß er noch nicht einmal, was wir verlangen. Die Belegschaft hat null Verständnis für das Verhalten der Geschäftsführung und machte das in der Betriebsversammlung auch deutlich klar. Die Kolleginnen und Kollegen kritisieren die pauschale Ablehnung der Geschäftsleitung vehement. Wenn sich die Geschäftsführung in den kommenden Tagen nicht besinnt, legen die Kolleginnen und Kollegen die Arbeit am nächsten Montag die Arbeit wieder nieder und werden wieder vors Tor gehen.“

 

Von: vw

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